“Menschenwürdige Arbeit ist produktive Arbeit, die ein gerechtes Einkommen, Rechte und sozialen Schutz bietet und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum unterstützt. Sie ist eine Quelle der Würde und die Grundlage für Frieden, soziale Gerechtigkeit und mehr Gleichheit", heißt es auf der Website der ILO. Dieses Jahr berichtet Nicaragua über die Realität am Arbeitsmarkt im eigenen Land. Wir laden alle Bewegungen ein, diesen Tag zu nutzen um über das Thema nachzudenken.
Die erwerbstätige Bevölkerung, die sich nach einer menschenwürdigen Arbeit und einem fairen Lohn sehnt, der alle grundlegenden Bedürfnisse und Erwartungen befriedigt, die eine durchschnittliche Familie in Nicaragua haben kann, erlebt düstere und beklemmende Zeiten.
Die erwerbstätige Bevölkerung des Landes liegt derzeit bei 3,6 Millionen Menschen, von denen nur ein Viertel einer formellen Beschäftigung nachgeht. Der Rest der Bevölkerung ist unterbeschäftigt oder hat eine informelle Beschäftigung, aus der sie nur ein kleines Einkommen beziehen, mit dem sie ihre Familien unterstützen können.
Die Bevölkerung erkennt allgemein an, dass die prekäre Beschäftigungslage das Hauptproblem des nicaraguanischen Volkes ist.
Dies stellt ein großes Problem für nicaraguanische Familien dar, da der Grundwarenkorb, bestehend aus 53 Produkten, 19.503,61 Córdoba bzw. 538,77 US-Dollar kostet, während der aktuelle Mindestlohn zwischen 5.196,34 Córdoba (142,5 US-Dollar) und 11.628,95 Córdoba (319 US-Dollar) schwankt.
Dies symbolisiert im Großen und Ganzen, was das Land in Bezug auf eine würdige Arbeit mit einem gerechten Lohn, der die Erwartungen der Menschen mit Blick auf das was sie für ihren Lebensunterhalt benötigen, zu erwarten hat.
Neben dem Fehlen eines angemessenen Lohns und dem Mangel an fairen Arbeitsplätzen kommen weitere erschwerende Faktoren hinzu, die die aktuelle Lage im Land noch unerträglicher machen.
Der größte Arbeitgeber ist der Staat, und aufgrund der politischen Polarisierung im Land sind die Arbeitnehmer*innen darauf gepolt, der herrschenden Regierung treu, gehorsam und ergeben zu sein. Die staatlichen Institutionen haben keine Autonomie, da sie gezwungen sind, sich an politischen Aktivitäten zu beteiligen, was schließlich zu einer massiven Abwanderung von Arbeitnehmern, auch aus den Institutionen, in andere Länder führt.
Zusätzlich zu diesen Faktoren sind die Gewerkschaften, die über die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wachen sollten, mit der aktuellen Regierung verbandelt und unterstützen deren Forderungen, so dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieser Art von Missbrauch völlig schutzlos ausgeliefert sind.
Privatunternehmen sind ein weiterer wichtiger Arbeitgeber im Land. Aufgrund der sozialen und politischen Lage jedoch und der COVID19 -Pandemie mussten viele von ihnen schließen oder in andere Länder mit besseren Bedingungen abwandern.
Die meisten der noch im Land verbliebenen Unternehmen sind multinationale Unternehmen, vornehmlich im Textilsektor, in dem die Arbeitnehmerrechte missbraucht und verletzt werden, da die Unternehmen mit den Gewerkschaften und Regierungsstellen an einem Strang ziehen.
Mittlerweile sind die informelle Beschäftigung oder Kleinbetriebe die wichtigsten Beschäftigungsquellen, die die erwerbstätige Bevölkerung im Land als Mittel zur Erlangung von Einkommen vorfindet. Dieser überwiegende Teil der Bevölkerung verfügt über keinerlei Art von Sozialversicherung, Berufsrisikoversicherung oder Krankenversicherung, die es ihnen ermöglichen würde, eine Altersrente oder medizinische Versorgung, weder für sich noch für ihre Familien, zu erhalten.
Unter diesen Umständen ist die Migration die einzige Alternative für die jungen Menschen.
Zwischen 2018 und 2022 verließen 604.485 Nicaraguaner das Land; zwischen 2018 und 2019 waren es ca. 100.000; 14.773 im Jahr 2020, dem Jahr der Pandemie, in dem die meisten Länder ihre Grenzen schlossen; 161.269 im Jahr 2021 und 328.443 im Jahr 2022. Die Hauptziele waren die USA und Costa Rica, sowie in geringerem Maße Spanien, Panama und Mexiko.
Familienüberweisungen sind eine grundlegende Säule zur Unterstützung der nicaraguanischen Wirtschaft. Mehr als 850.000 Haushalte sind auf Familienüberweisungen angewiesen, das entspricht der Hälfte der Haushalte im Land. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie die MTC Nicaragua arbeiten daran, dass die Menschen in den Gemeinden, in denen wir tätig sind, über die notwendigen Grundinformationen verfügen, um ihre Arbeitsrechte zu kennen. Wir schulen und leiten auch Frauengruppen, mit denen wir Migrationsfragen diskutieren, damit sie, wenn sie in andere Länder emigrieren müssen, ihre Rechte kennen.
Dadurch sind sie ebenfalls in der Lage Ressourcen aufzutun, um organisierte Gruppen in ihren Unternehmen oder kleinen Geschäften zu unterstützen, damit die Familien ein Einkommen haben, das es ihnen ermöglicht, in dieser schwierigen Situation zu überleben. Im Moment sieht die Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land sehr düster aus. Eine stabile makroökonomische Lage und günstige Bedingungen für in- und ausländische Investoren sind nicht erkennbar. Investitionen in einem Klima der sozialen und politischen Stabilität, die es allen an der Wirtschaft beteiligten Sektoren, jedoch insbesondere den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, ermöglichen, ihre Rechte gemäß der politischen Verfassung des Landes wahzurnehmen, sind kaum möglich.
Botschaft der MTC Nicaragua.
WELTBEWEGUNG CHRISTLICHER ARBEITNEHMER