Zeitschrift INFOR
Wie viele Kinder wachsen ohne Schutz und Zugang zu Bildung auf? Wie viele Frauen sind Gewalt, Erniedrigung und Entmenschlichung ausgesetzt? Wie viele Familien leben ohne Dach über dem Kopf, ohne Land und ohne Ressourcen, um sich selbst zu versorgen? Wie viele Arbeitnehmer:innen sind arbeitslos oder werden unter unwürdigen Bedingungen ausgebeutet, während die Profite der Unternehmen ins Unermessliche steigen?
Jedes Jahr wird uns ein weltweites Wirtschaftswachstum, eine steigende Zahl von Milliardären und Rekordgewinne der multinationalen Konzerne angekündigt. Wie Fratelli tutti feststellt: «Während ein Teil der Menschheit in Wohlstand lebt, sieht ein anderer Teil seine Würde verkannt, verachtet oder mit Füßen getreten und seine Grundrechte ignoriert oder verletzt». Angesichts dieser Situation scheint ein Leben in Würde manchmal nur einer Elite vorbehalten zu sein. Dennoch tragen die Mitglieder der WBCA und anderer sozialer Bewegungen eine starke Überzeugung mit sich herum: Ein anderer Lebensstil ist möglich. Sie werden von der Hoffnung und der Gewissheit angetrieben, dass die Befreiung der Völker durch Solidarität und gemeinsames Handeln erreicht werden kann. «Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde; zum Bilde Gottes schuf er ihn: männlich und weiblich schuf er sie» (Gen 1, 27).
Liebe befreundete Leserin, lieber befreundeter Leser. Du hältst diese Ausgabe von INFOR mit dem Schwerpunkt „Pflegewirtschaft“ in deinen Händen. Darunter versteht man alle Berufe im Erziehungsund Gesundheitsbereich, aber auch die Pflege von Menschen in jedem Lebensalter, von Kindern bis zu Senioren, die aufgrund fehlender geeigneter Strukturen oft zu Hause stattfindet. Weltweit leisten Frauen mehr als drei Viertel der unbezahlten Sorgearbeit́, für die sie täglich durchschnittlich 4 Stunden und 25 Minuten aufwenden, verglichen mit 1 Stunde und 23 Minuten bei den Männern.
Nach Schätzungen der Internationale Arbeitsorganisation (IAO) befinden sich 606 Millionen Frauen im erwerbsfähigen Alter aufgrund ihrer Pflegeverantwortung und der «sozialen Reproduktion» außerhalb des Arbeitsmarkteś. Die IAO erinnert uns in ihrem Bericht „Menschenwürdige Arbeit und die Pflege- und Betreuungswirtschaft“ (112. Tagung, 2024) daran: „Gesellschaften und Volkswirtschaften sind auf bezahltee und unbezahlte Sorgerbeit́ angewiesen, um zu funktionieren und ihre menschliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Die Bereitstellung von Pflege hängt von den Pflegearbeitenden ab“.
Innerhalb unserer Bewegungen stellen wir diese gleiche Überrepräsentation von Frauen in diesen Berufen fest. Durch ihre Präsenz und ihr Handeln spielen sie eine wichtige Rolle dabei, die Isolation von Menschen zu verringern und gegen Individualismus anzukämpfen.
Die ACO Frankreichs erinnert uns in einem Papier, das sie dem Thema Pflege gewidmet hat, daran, dass „diese Berufe echte Kompetenzen enthalten. Tragen wir dazu bei, dass sie anerkannt werden. Das ist auch eine Frage der Würde“.
Die Artikel in dieser Ausgabe spiegeln den notwendigen Kampf um Rechte und die Schwierigkeit wider, im Ruhestand ein angemessenes Einkommen zu haben, wenn diese Arbeit nicht anerkannt wird.
Der 8. März, der internationale Tag des Kampfes für die Rechte der Frauen, kann ein guter Zeitpunkt sein, innezuhalten und gemeinsam, Männer und Frauen, über dieses Thema nachzudenken, ohne zu vergessen, dass sie täglich, 365 Tage im Jahr, daran beteiligt sind. Wir zählen auf euch, dass ihr unsere Zeitung in unseren verschiedenen Bewegungen bekannt macht. Wir freuen uns auf eure Reaktionen und sind gespannt auf die Berichte über die Gespräche und Aktionen, zu denen sie beigetragen hat. Dank eurer Hilfe wird unser Kampf für „soziale Gerechtigkeit in einer Wirtschaft für das Leben“ unter Berücksichtigung der Gleichberechtigung der Geschlechter täglich neu geschrieben.
Christine Isturiz Ko-Vorsitzende der WBCA
Die laufende Wahlperiode der Weltbewegung Christlicher Arbeitnehmer steht unter dem Thema «Soziale Gerechtigkeit in einer Wirtschaft für das Leben». Wir nehmen Anteil am Leben der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unseren Ländern und Regionen. Anhand der Methode von Sehen-Urteilen-Handeln analysierten wir die Ursachen der uns geschilderten Situationen und beschlossen, welche Maßnahmen sowohl auf der Ebene der Weltbewegung als auch der lokalen Bewegungen ergriffen werden sollten.
Dabei konnten wir feststellen, dass die Hauptursache für die entmenschlichende Situation der Arbeiterinnen und Arbeiter auf der ganzen Welt stets dieselbe ist: das hemmungslose Streben nach Profit für einige wenige. Diese Jagd nach Geld hat nicht nur für die Menschen verheerende Folgen, sondern zerstört auch die Umwelt und raubt unser Mutter Erde aus. Die gesamte Zukunft der Menschheit steht auf dem Spiel.
Die nun vorliegende neue Ausgabe von INFOR vertieft das Thema «Prekarität» aus dem letzten Heft und befasst sich mit dem Aspekt der Sicherheit am Arbeitsplatz und deren Auswirkungen auf die körperliche bzw. mentale Gesundheit der Männer und Frauen in unseren Bewegungen.
- INFOR Oktober 2024: "Unser Kampf gegen eine unmenschliche Politik"
- INFOR Juni 2021: "Telearbeit und digitales arbeiten"
- INFOR Oktober 2021: Bilanz der Kampagne der "drei T" oder BWA: Boden, Wohnung und Arbeit
- INFOR Februar 2022: Weltweite ungleichheiten und arbeitslosigkeit
- INFOR Juni 2022: Globalisierung
- INFOR Oktober 2022
- INFOR - Generalversammlung - Lourdes 2023
- INFOR April 2024: "Prekarität mit vielen gesichterns"
- Vor allem anderen das Leben: Spezielle INFOR - Dezember 2020
- INFOR Sonderausgabe zu 50 Jahren WBCA-Geschichte
- INFOR Regiestrierung
- INFOR Januar 2012
- INFOR Juli 2012
- INFOR Marz 2013
- INFOR Dezember 2013
- INFOR Juli 2014
- INFOR Januar 2015
- INFOR Juni 2015
- INFOR Januar 2016
- INFOR Juli 2016
- INFOR Februar 2017
- INFOR Februar 2011
- INFOR November 2017
- INFOR Juni 2018
- INFOR Oktober 2018
- INFOR Februar 2019
- INFOR Juni 2019
- INFOR September 2019
- INFOR Februar 2020
- INFOR Juni 2020